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Improvisieren als Zukunftskompetenz, Teil 1

Improvisieren ist etwas für Profis

Kochen Sie gerne? Oder backen Sie lieber? Machen wir uns den Spaß und unterteilen der Einfachheit halber die Menschheit in drei Teile. Der erste Teil kocht gerne. Der zweite Teil backt gerne. Und der dritte Teil hat den Weg in die Küche noch nicht gefunden. Wenn wir uns auf die ersten beiden Teile konzentrieren, stellt sich die zentrale Frage: Warum kochen? Und warum backen?

Ich persönlich koche gerne. Als Student war ich ein grausiger Koch. Meine Frau kann ein Lied davon singen, da wir damals schon zusammen wohnten. Meine Reis-mit-Dosenbohnen-Gerichte waren gefürchtet – auch von mir selbst. Doch nach über 30 Jahren Trial-and-Error-Erfahrung liebe ich es, in der Küche zu stehen und aus einem vermeintlichen Nichts etwas zu zaubern. Natürlich gehe ich vorher einkaufen. Ich schreibe mir auch einen Einkaufszettel. Hallo? Ich bin schon über 50 und habe Angst vor meiner Frau. Ich bin jedoch zu faul, um drei verschiedene Supermärkte abzuklappern, damit ich auch noch den letzten Haken auf meinem Laufzettel vornehmen kann. Deshalb werden Auberginen regelmäßig zu Zucchinis gedanklich eingegrünt. Und wenn es keine Walnüsse gibt, müssen Mandeln reichen. Zuhause schlage ich dann mein Inspiriationsrezept auf und beginne zu improvisieren. Das alleine wäre keine große Kunst. Spannend wird es mit den Gewürzen. Hier muss ist seit neuestem aufgrund meiner Divertikulitis ohnehin Rezepte anpassen. Schärfe verkrafte ich nicht mehr. Zucker bleibt sowieso draußen. Und zu sahnig sollte es auch nicht sein. Das wiederum will geschmacklich aufgefangen werden. Dabei habe ich mir eine Schritt-für-Schritt-Methode angeeignet. Ich schmecke ab, denke nach, was noch fehlt, ergänze, teste, und denke wieder nach. Und so weiter, bis es perfekt ist. Ich schmecke sozusagen in Gedanken bereits vor der Zugabe, wie Muskatnuss, Kreuzkümmel oder ein Schuss Essig mit dem Rest harmonieren. Dieses Schritt-für-Schritt-Improvisieren macht einen riesigen Spaß.

Miles Davis sagte einmal: „Keine Note, die du spielst ist falsch – erst die Note, die du danach spielst macht sie richtig oder falsch“. Dabei ist jeder nächste Ton nicht beliebig, sondern baut auf den ersten Tönen auf. So geht Improvisieren im Jazz und Improvisieren in der Küche.

Ein Kuchen wiederum entsteht anders. Hier muss ich mehr oder weniger streng nach Rezept vorgehen. Die Konsistenz muss stimmen. Ein ständiges Abschmecken ist unmöglich. Deshalb hält sich auch das Improvisieren in Grenzen.

An diesem einfachen Vergleich zeigt sich: Improvisieren basiert auf Erfahrungen. Wer sich streng an Koch- oder Back-Rezepte hält, erzielt auch so gute bis sehr gute Ergebnisse. Es darf jedoch nichts dazwischen kommen. Wenn einem Profi ein Gewürz ausgeht, ist er gezwungen, es zu ersetzen. Oft kommt dabei sogar ein neues Rezept heraus. Ein Unerfahrener fährt noch einmal zum Einkaufen.

Improvisieren wird oft als zweitbeste Lösung dargestellt. Klar: Wer gut plant, muss nicht improvisieren. Wenn jedoch das einzig Beständige in unserer Welt der Wandel ist, wie viel Planung verträgt dann unser Leben?

Als Seminarleiter kenne ich mich mit Wandel und Anpassung aus. Wenn ich die gesamte Führungsriege eines Unternehmens schule und das erste Seminar ein voller Erfolg war mit hochmotivierten Teilnehmer*innen, sollte ich nicht davon ausgehen, dass es beim zweiten Seminar genauso läuft. Es wäre nicht das erste mal, dass die Tendenz zur Mitte zuschlägt und die neuen Teilnehmer*innen so gar nicht mit meinem Humor mitgehen. Und beim dritten Seminar wird es wieder anders.

Doch grundsätzlich bietet jede Arbeit genügend Potential, um mit Unvorhergesehenem umgehen zu müssen:

  • Der Kunde ist unzufrieden.
  • Die neue Software funktioniert nicht.
  • Pläne haben sich geändert.
  • Gelder wurden nicht bewilligt.
  • Ein Kollege ist dauerhaft krank.
  • Eine Kollegin ist schwanger.
  • Der fest eingeplante Azubi will doch wechseln.

Mir scheint jedenfalls, dass die Notwendigkeit, mit den Ressourcen die vorhanden sind zu improvisieren notwendiger ist denn je.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter Form aus dem eBook „Wie kompetent muss ich sein?“ (externer Link) entnommen.

Kritisch denken, optimistisch handeln

Bild von macrovector auf Freepik

In einer Welt voller Ungerechtigkeiten stelle ich mir regelmäßig die Frage, ob ich lieber pessimistisch oder optimistisch sein sollte. Soll ich pessimistisch sein, um den Antrieb zu haben, etwas zu verändern? Oder optimistisch, weil ich ansonsten depressiv werde und der Pessimismus (Stichwort: Deutschland geht unter) uns alle stimmungsmäßig nach unten zieht?

Neulich bin ich über einen Satz den italienischen Kommunisten Antonio Gramsci gestoßen: Pessimismus des Denkens und Optimismus des Willens. Ein schöner Satz, der dieses Dilemma auf den Punkt bringt: Immer schön skeptisch bleiben, aber gleichzeitig an Veränderungen glauben. Sich also nicht in seinem Pessimismus suhlen, sondern eine negative Sicht auf die Welt zum Anlass nehmen, etwas zu verändern.

Leider ist es nicht ganz so einfach. Genau genommen sind sogar manche Pessimisten verkappte Optimisten, wenn sie davon schwadronieren, wie degeneriert die Welt ist, wir jedoch einiges dafür tun können, die Menschheit noch zu retten, beispielsweise durch die Entwicklung eines neuen, gesunden Menschen, inklusive Konzentrationslagern, Gulags und Euthanasieprogrammen. Ein solcher teleologischer, zielfokussierter Optimismus auf der Basis eines extremen Idealismus ist selbstredend gefährlich. Doch auch im Kleinen kann zu viel Optimismus schädlich sein, wenn wir daran glauben, die Welt zu beherrschen. Dass Ingenieure aus Dubai Regen machen können, mag eine feine Sache für den Wüstenstaat sein. Die langfristigen Folgen jedoch sind kaum abschätzbar. Auch der Optimismus hinter einer Zero-Covid-Vision ist nicht durchzuhalten ohne umfassende soziale Kollateralschäden. Kritische Stimmen sind bei zu hohem Idealismus zudem eher unerwünscht.

Der Philosoph Karl Popper entwickelte daher den Kritischen Rationalismus als skeptischen Regulator gegenüber den negativen Auswüchsen eines überbordenden Zukunftsoptimismus. Tatsächlich ist ein kritischer, aufgeklärter und damit im Grund pessimistischer Geist das zentrale, regulierende Element gegen einen Optimismus, der zu sehr von sich überzeugt ist und aufgrund seiner blinden Flecken in sein eigenes Verderben rennt. Optimismus sollte daher immer offen und konstruktiv sein.

Nehmen wir Optimisten und Pessimisten genauer unter die Lupe haben wir es mit zwei Arten von Pessimisten und zwei Arten von Optimisten zu tun:

  • Defensive Pessimisten, typische Jammerer, setzen in sich selbst geringe Erwartungen in der Hoffnung nicht enttäuscht zu werden. Glücklich sind sie dennoch nicht.
  • Aggressive Pessimisten, typische Grantler und Nörgler, stehen Neuerungen skeptisch gegenüber und wollen auch ihr Umfeld davon abbringen, etwas Neues auszuprobieren. Während defensive Pessimisten grundsätzlich von der eigenen Inkompetenz ausgehen, fühlen sich aggressive Pessimisten wohl in ihrer Rolle des Mahners. Sie haben sich mit dem Status Quo arrangiert und fühlen sich in dem, was sie tun und können kompetent. Diese Kompetenz würden sie am Ende einbüßen, wenn sie sich anpassen müssten.
  • Naive Optimisten glauben daran, dass alles möglich ist, wenn man nur fest genug daran glaubt. Für jemanden, der es sich wie Elon Musk leisten kann, Millionen von Dollar in die Luft zu pusten, mag dies eine gangbare Strategie sein. Für die meisten von uns könnte dies in den Ruin führen.
  • Realistische Optimisten schließlich haben eine positive Vision von ihrer Zukunft, wissen aber auch, dass zu deren Erreichen eine Menge Arbeit gehört. Skeptische und damit kritische Stimmen sind hier eindeutig erwünscht.

Spielen wir die vier Typen anhand einer chronischen Krankheit durch:

Ein defensiver Pessimist mit einer schweren Krankheit meidet jegliche Konfrontation mit der Krankheit. Er verschließt die Augen und schont sich weitgehend, verbietet sich jedoch Mut machende Momente im Leben, weshalb er mit seiner Krankheit dahindümpelt.

Ein aggressiver Pessimist mit einer schweren Krankheit gibt sich auf und erhöht dadurch das Risiko, tatsächlich an seiner Krankheit zu sterben. Er sagt sich: „Jetzt ist es eh schon egal“ und achtet nicht mehr auf eine gesunde Lebensweise.

Ein aggressiver Optimist mit einer schweren Krankheit versucht alles, um seine Krankheit zu bezwingen. Eine klare Strategie steht jedoch nicht dahinter. Vielleicht landet er einen Glückstreffer bei einer Wahrsagerin oder auch nicht.

Ein realistischer Optimist mit einer schweren Krankheit hingegen glaubt fest daran, wieder gesund zu werden, weiß jedoch, dass dazu eine gesunde Ernährung, liebevolle gute Freunde und eine maßvolle sportliche Betätigung nicht die schlechtesten Rezepte zur Genesung sind.

Das gleiche gilt für alle Bereiche des Lebens: Wer Erfolg im Leben und im Beruf haben will, sollte fest daran glauben und sich dann einen Plan zur Zielerreichung machen. Klappt es nicht, sollte ich aus meinem Scheitern zumindest etwas gelernt haben.

Es geht also nicht darum, Optimisten gegen Pessimisten auszuspielen, wie es in dem alten Witz heißt: Der Optimist meint, wir leben in der besten aller Welten, worauf der Pessimist entgegnet, dass das wohl stimmt. Stattdessen sollten wir uns fragen, ob wir in der besten aller vorstellbaren Welten leben. Oder um noch einmal mit Antonio Gramsci zu sprechen: Kritisch denken und optimistisch handeln. Würden wir nicht daran glauben, etwas in der Welt zu verbessern, wären wir kein Optimist. Das kritische Denken jedoch hilft uns dabei, Verbesserungspotentiale überhaupt zu erkennen.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook „Wie kompetent muss ich sein?“ (externer Link) entnommen.

Was uns der aktuelle Streik der Bahn über die Prinzipen von Macht und Ohnmacht lehrt

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Gemäß dem Machtraummodell aus dem ATCC-Ansatz (approches et transformation constructives des conflits1) gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Macht und Gewalt. Oder wie es Hannah Arendt formulierte: Wer Macht hat, muss keine Gewalt anwenden.

Gewalt ist gleichzusetzen mit einem Zwang gegen den Willen meines Gegenübers. Diese Gewalt erfolgt jedoch aus der Ohnmacht, sich nicht auf einem guten Weg durchsetzen zu können. Habe ich Macht im Sinne eines guten Einflusses auf mein Gegenüber, muss ich diesen Zwang nicht einsetzen, weil mein Gegenüber mir auch so folgt. Macht und Autorität habe ich, …

  • … wenn ich über Befugnisse und Mittel verfüge, meine Macht durchzusetzen, evtl. sogar mittels Sanktionen, ohne diese wirklich anwenden zu müssen.
  • … wenn ich mehr Erfahrungen, Wissen, Kompetenzen, Kontakte, Mut, Verhandlungskompetenz, Leidensbereitschaft, Konfliktfähigkeit und Autorität als andere verfüge, um Verantwortungen für etwas zu übernehmen.
  • … wenn mir aufgrund meines Alters oder meiner längeren Zugehörigkeit in einer Gruppe Macht zugesprochen wird.
  • Oder wenn andere zu bequem sind, um selbst Verantwortung zu übernehmen.

Macht ist in diesem Kontext jedoch immer ein Aushandlungsprozess. Entweder mir wird die Macht bzw. Verantwortung aufgrund meiner vorherigen Leistungen oder meines Auftretens zugesprochen. Oder ich muss in den Dialog gehen, um mein Gegenüber von meinen Leistungen und durch mein Auftreten zu überzeugen, sofern ich das möchte.

Das Schweigen bricht diesen Dialog der Verhandlung. Wir erkennen das Phänomen der Machtverschiebung sehr deutlich an der aktuellen Debatte um die Bahnstreiks (März 2024). Wenn Claus Weselsky das Angebot der Bahn ausschlägt und weitere Streiks ankündigt, gleicht dies einem strafenden Schweigen. Es wird nicht mehr verhandelt, also gesprochen, sondern schweigend gehandelt. Der Dialog wird abgebrochen. Nur im Dialog ließen sich die beidseiten Verantwortlichkeiten und Pflichten klären. Das Schweigen jedoch wirkt nur einseitig. Die Bahn wiederum versuchte durch den Zwang eines Gerichtsurteils den aktuellen Streik zu verhindern, was misslang. Die Basis, um einen Dialog wieder aufzunehmen wäre das gegenseitige Vertrauen. Doch offensichtlich ist dieses seit der Affaire um die Boni der Bahnvorstände nachhaltig geschädigt.2 Die gestiegenen Boni der Vorstände erscheinen im Angesicht maroder und dauerhaft verspäteter Züge und einem unzufriedenen Personal (dass die Stimmung nicht noch schlechter wurde, wurde positiv gedeutet) als willkürlich betrachtet. Vor diesem Hintergrund könnten selbst gut gemeinte Angebote und „Geschenke“ im Rahmen von Verhandlungen als Manipulation betrachtet werden.

Findet dieser Dialog nicht statt, könnte der Konflikt eskalieren, indem eine oder beide Parteien von der Ohnmacht in die Allmacht fliehen.

Typische Symptome für Allmachtsgefühle sind Abschottungen: „Wir gegen den Rest der Welt!“ Ein Empfinden, das aktuell gut auf die GDL passen könnte: „Egal, was die anderen denken. Wir ziehen unser Ding durch.“ Einflüsse oder berechtigte Einwände von außen werden nicht nur ignoriert, sondern schweißen eine eingeschworene Gruppe nur noch mehr zusammen. Dies führt schlimmstenfalls zu einem sektenähnlichen Gefüge.

Durch die Verweigerung eines Dialogs einerseits und den Streik andererseits tritt ferner Kontrolle an die Stelle des Vertrauens: „Wir kontrollieren durch unser Verhalten euer Verhalten.“

Und schließlich könnten sogar höhere Mächte im Spiel sein, wenn Claus Weselsky sich als Auserwählter betrachtet, um seiner Gewerkschaft einen letzten Dienst zu erweisen, bevor er in Rente geht.

Man könnte folglich sagen: Die Gewerkschaft der Lokführer*innen verweigert den Dialog im Sinne von „es ist alles gesagt, nun wird gehandelt“, während der Fehler der Bahnvorstände bereits im Vorfeld durch die Boni passierte. Erst in einer Mediation lassen sich diese beiden Ebenen zusammenbringen.

  1. https://atcc-konfliktbearbeitung.de
    ↩︎
  2. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/bahn-vorstand-bonus-104.html ↩︎

Wollen wir uns aufregen oder etwas verändern?

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Persönlichkeitstypologien als Selbstvergewisserung

Persönlichkeitstypologien sind immer noch schwer in Mode. Sie scheinen gerade bei Führungskräften das Bedürfnis nach Klarheit zu befriedigen. Eine Person ist dann eben so wie sie ist. Man denkt zwar ein wenig darüber nach, wie am besten mit Nörgler*innen, Querulant*innen, Jammer*innen, Blender*innen, Manipulator*innen, Besserwisser*innen, Choleriker*innen oder Moralist*innen umzugehen ist. Aber letztlich dominiert die Nachricht im Subtext, dass ein Typus nicht verändert werden kann. Und damit haben auch Führungskräfte weder etwas falsch gemacht, noch müssen sie etwas an sich selbst ändern.

Als Trainer habe ich dieses Spiel selbst jahrelang mitgespielt. Vermutlich auch, weil die Arbeit mit „schwierigen Teamtypen“ immer ein Heimspiel ist. Zum einen war mir der Applaus grundsätzlich sicher. Zum anderen wirken Typologien wie Balsam für die geplagte Führungsseele: Endlich nach Herzenslust ablästern über die schlimmen Mitarbeiter*innen. Dennoch hatte ich immer ein wenig Bauchgrimmen.

Schattenanteile

Jetzt lässt sich zwar klar benennen, welche Typen für Führungskräfte am nervigsten sind. Bereits das ist durchaus ein Mehrgewinn, da ich wenigstens darüber nachdenken kann, warum mich gerade dieser Typus am meisten triggert und was das mit mir zu tun hat. C. G. Jung prägte dafür den Begriff der Schattenanteile: Versage ich mir selbst, ab und an eine Pause zu machen oder meinen Ärger zu zeigen, nerven mich andere Menschen besonders, die genau das tun: Träge oder nörgelige Gestalten. Dennoch kann ich nur an mir selbst arbeiten und nicht an meinem Gegenüber.

Positive Typologien

Um sich nicht zu sehr in negatives Denken zu verfangen, kann ich zumindest mit positiven Team-Typologien arbeiten. Das Process Communication Modell bspw. beschäftigt sich damit, wie bestimmte Teamtypen denken und was ihnen besonders wichtig ist:

Das Problem, dass wir auch damit Personen mehr oder weniger ein für alle mal festlegen, bleibt jedoch bestehen. Ich selbst kenne, brauche und nutze all diese Rollen je nach Situation, auch wenn mir manche Rollen weniger liegen als andere.

Verhalten statt Typologien

Dieses Problem lässt sich erst lösen, wenn wir nicht mehr in Typologien, sondern in Verhaltensweisen denken. Ein Verhalten haben wir gelernt, weshalb es sich auch wieder ablegen lässt:

Der Weg dahin ist denkbar leicht. Ein paar Umformulierungen reichen bereits aus. So wird aus einem Nörgler ein Mensch, der regelmäßig warnt und ja, auch nörgelt. Dieser Mensch besitzt jedoch ebenso eine Menge anderer Eigenschaften. Denn in den meisten Fällen ist er kein Dauernörgler. Sein schwieriges Verhalten kommt erst dann zum Tragen, wenn etwas passiert, mit dem er nicht einverstanden ist.

Spannend wird es, wenn wir dieses Verhalten sowohl negativ als auch positiv zu deuten lernen. Andere zu warnen kann ebenso den Aspekt einer konstruktiven Kritik beinhalten. Genauso macht es einen jammernden Menschen sympathischer, wenn wir seine (berechtigten) inneren Zweifel sehen. Oder wenn wir erkennen, dass ein Moralisieren auf der Angst vor einer umgreifenden Anarchie basiert. All das ist zumindest nachvollziehbar.

Mit einem solchen (zweiten) positiven Blick auf unser Umfeld erscheint ein vermeintlich negatives Verhalten in einem neuen Licht. Begegnungen werden respektvoller. Und damit lässt sich vielleicht sogar das Verhalten unseres Gegenübers verändern.

Fragetechniken und die Haltung echten Zuhörens

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Im Kontext einer Positiven Führung geht es in meinen Seminaren regelmäßig um den Aspekt der Wertschätzung für Mitarbeiter*innen. Eine der besten Möglichkeiten, einer Person Wertschätzung zu zeigen ist das Signal, sie ernst zu nehmen, indem ich mir deren Probleme und Bedürfnisse anhöre. Doch wie geht das eigentlich, gutes, echtes Zuhören?

Zum einen gehört dazu ein dickes Paket clever eingesetzter Fragetechniken:

Der Einsatz von Fragetechniken kann jedoch schnell inquisitorisch werden, wenn daraus Verhörtechniken werden. Deshalb sollte zum Einsatz von Fragen eine positive Zuhör-Haltung gehören. Die folgende Checkliste hilft dabei, sich seine eigene Haltung beim Zuhören bewusst zu machen:

Die Pro-Seite:

  • Sie haben ein echtes Interesse an der Person und Ihren Äußerungen.
  • Sie lassen die Person ausreden.
  • Sie versuchen, zu verstehen, worum es wirklich geht.
  • Sie achten auf Signale in der Körpersprache.
  • Sie fragen nach, um das Geäußerte besser zu verstehen.
  • Sie nehmen sich die Zeit, die es braucht.
  • Sie fragen nach, bis Sie das Gehörte richtig verstanden haben.
  • Sie halten Kritik aus, ohne postwendend etwas zu entgegnen oder sich zu rechtfertigen.
  • Sie laden Ihr Gegenüber dazu ein, über Gefühle zu sprechen.
  • Sie respektieren Ihr Gegenüber ohne Bewertung.

Die Kontra-Seite:

  • Sie denken bereits während dem Zuhören über eine Antwort nach.
  • Sie geben Ratschläge aufgrund Ihrer Expertise, um Ihrem Gegenüber zu helfen.
  • Sie stellen Vergleiche an, um Ihrem Gegenüber zu zeigen, dass er oder sie nicht alleine mit seinem Problem ist.
  • Sie wissen oft schon was kommt. Deshalb lassen sich viele Gespräche abkürzen.
  • Sie bieten Standardlösungen für ein Problem an.
  • Manche Probleme sind leider hausgemacht.
  • Bei manchen Gesprächen lassen sich parallel andere Dinge erledigen, um Zeit zu sparen oder weil es langweilig ist.
  • Manchmal reicht es aus, so zu tun als würde man zuhören.
  • Es gibt Zeitgenoss*innen, die immer wieder mit den gleichen Beschwerden kommen. Denen lässt sich im Grunde nicht helfen.
  • Wenn jemand sehr aufgebracht ist und aus seiner negativen Trance nicht herauskommt, kann es helfen, ihn mit einem anderen Thema abzulenken.
  • Sie halten mit eigenen Emotionen hinter’m Berg.

Siehe auch: https://www.m-huebler.de/jetzt-hoer-mir-doch-mal-zu