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Warum Personalmangel und Fluktuation das gesamte Unternehmen angehen

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Vorsicht: Der folgende Artikel könnte geprägt sein durch meine Rolle als Vater.

Ich bekomme es gerade hautnah mit. Meine jüngere Tochter absolviert derzeit einige Praktika und kann sehr klar benennen, wo sie sich eine zukünftige Arbeit vorstellen kann und wo nicht. Die Kriterien sind einfach:

  1. Es gibt Praktika, in denen sie gefordert und gefördert wird. Wenn Sie etwas ausprobieren kann und ihre Meinung gefragt ist, fühlt sie sich wohl. Lob, Anerkennung und das Gefühl, etwas beitragen zu können sind für einen jungen Menschen im Lernmodus noch wichtiger als für Angestellte mit Erfahrung.
  2. Es gibt Anleitungen, von denen ich mich wundere, aus welcher Höhle sie gekrochen sind. Manche geben heute Anweisungen, die den Anweisungen von gestern komplett widersprechen. Andere scheinen es für ihr Selbstbild zu brauchen, junge Menschen fertig zu machen, in dem sie ihnen vorhalten, was sie alles falsch machen: „Was? Das weißt du noch nicht? So wird das ja nie was!“ Bei so einem Spruch würde ich mich auch wie eine Welle verhalten, die für eine paar Monate kommt und dann auch wieder geht.

Nun ließe sich einwenden, dass ich als Vater parteiisch bin. Geschenkt. Doch es geht hier nicht um mich, sondern um meine Tochter. Sie entscheidet, wo sie sich in einem Jahr bewerben wird und wo nicht. Und wenn eine Anleitung klar sagt: „Bewirb dich bei uns, wenn du fertig mit der Ausbildung bist“ ist das die halbe Miete.

Und dabei geht es auch nicht darum, junge Menschen in den Himmel zu loben. Kritik ist nach wie vor wichtig, wenn sie konstruktiv ist. So dünnhäutig sind sie auch wieder nicht.

Was also brauchen junge Menschen?

  • Klare, konsistente Anweisungen
  • Lob und Anerkennung
  • Das Gefühl, etwas zum Gesamtziel beitragen zu können.
  • Konstruktive Kritik

Fluktuation wird oft als Organisations- und Führungsthema dargestellt. Fluktuation geht jedoch das gesamte Unternehmen an. Denn wer lernt Azubis ein? Führungskräfte haben dazu meist keine Zeit. Das übernehmen deshalb idR. Paten oder gleich ein ganzes Team. Umso wichtiger ist es, dass sich das gesamte Team Führungsqualitäten aneignet, um nicht an dem Ast zu sägen, auf dem es sitzt.

Was wir von Gottschalks Abgang für Führung lernen können

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Im Smalltalk mit der Rapperin Shirin David kommt es zu folgendem Dialog:

Thomas Gottschalk: „Dass du ein Opernfan bist, hätte ich dir nicht angesehen.“

Shirin David: „Warum nicht? Weil ich gut aussehe? Wir Feministinnen können klug sein, eloquent und wunderschön zugleich.“

Dazu muss man wissen: David wuchs nicht mit Hiphop auf, sondern mit klassischer Musik. Sie begann mit drei Jahren Klavier zu spielen, später kamen Saxofon, Geige und Oboe dazu. Mit fünf kommt sie auf eine Ballett-Schule und tanzt später am Hamburger Ballett. Sie studierte Gesang an einer Opern-Akademie und spielte an der Hamburgischen Staatsoper.

Vor diesem Hintergrundwissen erscheint die Äußerung Gottschalks entweder naiv oder respektlos – je nach Sichtweise. Hätte er diese Informationen wissen müssen? Ich meine ja. Entweder er hätte selber recherchieren können, mit wem er es an seinem letzten Wetten-Dass-Abend zu tun hat oder eine fleißiger Kopf aus der Redaktion hätte ihm einen kurzen Spickzettel zu geschoben.

Was hat das mit Führung zu tun?

Früher wurde top down geführt. Dies war letztlich eine sehr simple Angelegenheit:

  • Regel Nummer 1: Die Führungskraft besitzt Autorität, weil sie eine Führungskraft ist.
  • Regel Nummer 2: Ihre Autorität wird eher nicht angezweifelt.
  • Regel Nummer 3: Wer die Gefolgschaft verweigert, kann mit negativen Konsequenzen rechnen.

Die hat sich in den letzten 10-15 Jahren enorm verändert:

  • Heutzutage besitzt eine Führungskraft Autorität, wenn sie Mitarbeiter*innen etwas bietet. Dabei kann es sich um Stärke, Kompetenzen oder ein gutes Netzwerk handeln.
  • Autorität muss immer wieder bewiesen werden.
  • Autorität steht damit regelmäßig auf dem Prüfstand. Gute Führungskräfte fördern Kritik, auch an sich selbst, um sich zu verbessern.

So ähnlich wie eine autoritäre Führung es früher nicht nötig hatte, sich über seine Mitarbeiter*innen zu erkundigen, hatte es Gottschalk früher nicht nötig, sich über seine Gäste zu erkundigen. Es reichte vollkommen aus, ein paar freche Fragen zu stellen und ansonsten zu glänzen. Heute ist das anders.

So wie Gottschalk sich über seine Gäste hätte erkundigen können, um ein spannendes Gespräch zu führen:

  • „Wie kommt man von einer klassischen musikalischen Ausbildung zum Rap?“
  • „Was sagt deine Mutter dazu?“ (Anmerkung: Der Vater ist früh verstorben?)
  • usw.

… kommen auch moderne Führungskräfte nicht umhin, sich für ihre Mitarbeiter*in mehr zu interessieren als früher, was sich am einfachsten in zwei Begriffe packen lässt:

  1. Führungskräfte brauchen eine gute Menschenkenntnis: Was motiviert meine Leute? Was überfordert sie? Wer arbeitet am besten mit wem zusammen? …
  2. Da Menschenkenntnis nicht bedeutet, hellseherische Fähigkeiten zu haben, brauchen Führungskräfte immer auch eine große Neugier für das Spontane und Unerwartete.

Seinen Mitarbeiter*innen gegenüber ein echtes Interesse zu zeigen ist respektvoll und schafft damit im Gegenzug ebenso Respekt und Autorität, da ich einer Führungskraft, die sich wirklich für mich interessiert auch gerne folge.

Was wollen die eigentlich, die jungen Leute?

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So lautete neulich eine Frage in einem Führungsseminar. Nein, eigentlich taucht diese Frage ständig auf. In verschiedenen Facetten:

  • Machen ihre Ausbildung und suchen sich dann was Neues.
  • Gehen Konflikten aus dem Weg und schreiben stattdessen 50 Wut-Bewerbungen.
  • Bekommen eine Stelle mit Führungsverantwortung angeboten und lehnen dankend ab.

Ja, was wollen die eigentlich?

Das System beeinflusst den Menschen mehr als anders herum

Zuallererst: Die Generationenfrage ist vermutlich viel weniger eine psychologische als eine systemische Frage. Ich durfte im Rahmen verschiedener Lehraufträge in den letzten 17 Jahren häufig mit jungen Menschen zusammen arbeiten und komme daher zu zwei Erkenntnissen:

  1. Es gibt immer solche und solche. Und meist gibt es auch noch andere.
  2. Junge Menschen sind heutzutage nicht respektloser als früher, sofern man sie selbst mit Respekt behandelt.

Aber Hand auf Herz: Wenn wir Älteren in einer Zeit aufgewachsen wären, in der wir uns gute Jobs hätten aussuchen können, hätten wir das etwas nicht zu unserem Vorteil genutzt? Wenn nicht, wären wir schön blöd gewesen. Der Mensch hat sich vermutlich nicht wirklich verändert. Doch das System hat sich durch den Personalmangel und das Homeoffice enorm verändert.

Wogegen rebellieren?

Wer etwas wollen will, muss auch wissen, was er oder sie nicht will. Doch wogegen rebellieren? Wer sich Ratgeber aus den 90ern anschaut, liest dort: Sie müssen nicht den Erwartungen ihrer Eltern entsprechen! Folgen Sie ihren eigenen Träumen!

Damals war Widerstand noch einfach: Lerne Nein zu sagen.

Doch wie schaut das heute aus, wenn Eltern ihren Kindern sagen: „Du kannst alles werden. Ich will dir nichts vorschreiben. Ich will nur, dass du glücklich (!!!) wirst.“

„Na, herzlichen Dank. Jetzt wähle ich nicht nur einen falschen Job aus, sondern bin sogar schuld daran, unglücklich zu werden.“

Junge Menschen haben es heutzutage weniger mit Erwartungen als vielmehr mit Unerwartungen zu tun. Dagegen jedoch lässt sich nicht rebellieren.

Und dann ist da noch die Algorithmisierung des Lebens. Wer sich in einer digital-sozialen Netzwerkblase befindet, folgt entweder dem Mainstream oder erntet einen Shitstorm. Intelligente Zwischentöne sind da eher unerwünscht.

Dabei sind Rebellionen meist ein wichtiger Zwischenschritt zur Entwicklung eigener Träume und Visionen.

Träume und Visionen

Was also bleibt übrig von der Frage: Was wollen die eigentlich?

Materialismus ist out. Familie, Haus, Auto, Carport und Reisen? Das scheint für viele junge Menschen keinen Reiz mehr auszuüben. Ein Auto brauche ich nicht mehr. Es gibt schließlich Carsharing. Kinder sind eine Umweltsünde und ein Haus kann ich mir nicht mehr leisten. Warum also einen Großteil seiner Zeit mit Arbeit verbringen, wenn die Welt sowieso bald untergeht? An dieser Stelle geht ein großer Dank an all die Weltuntergangsfilme aus dem Hause Hollywood. Und seit wann gibt es eigentlich den Begriff der Flugscham?

Wenn Materialismus out ist, wie wäre es dann mit Idealismus? Tatsächlich befindet sich derzeit eine Menge Idealismus in der Welt:

  • Gleichheit, Gerechtigkeit, Anti-Rassismus und Diversität
  • Umweltfreundlichkeit und nachhaltige Produktionen
  • für oder gegen Waffenlieferungen sein
  • für oder gegen wahlweise Israel oder Palästina sein
  • „follow the science“ versus „follow the bauchgefühl“
  • usw.

All das sind idealistische oder auch moralische Diskussionen, weit weg vom klassischen materiellen Denken. Doch leider ist Idealismus schwerer greifbar als Materielles. Karriereleitern haben Sprossen. Idealistische Sichtweisen sind lediglich eine Art Kompass.

Dennoch könnte es ein Weg zu sein, jungen, idealistischen Menschen an ihrem Idealismus zu packen:

  • Führungskräfte haben mehr Einfluss auf die Wertehaltungen und die Ausrichtung eines Unternehmens als einfache Mitarbeiter*innen. Eine Führungsposition muss ich mir jedoch verdienen.
  • Wer Einfluss ausüben will braucht Netzwerke. Häufige Unternehmenswechsel helfen hier eher weniger.
  • Um ernst genommen zu werden, braucht es Engagement.

Einen Versuch wäre es wert.

Aber wie gesagt: Es gibt solche, solche und ein paar andere auch noch.

Ein ehrlicher Umgang mit Veränderungen

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Wie oft befinden wir uns in diesem großen Als-ob-Spiel? Wir tun so, als würden wir genau wissen, was zu tun ist. Die Mitarbeiter*innen wissen im Rahmen von Ankündigungen großer Veränderungen natürlich, dass das nicht stimmt, weil die Erfahrung oft genug zeigte, dass es anders kam. Und wenn das dann passierte, wird es nicht heißen: Wir haben gelogen. Oder: Wir wussten es nicht besser. Sondern: Wir mussten reagieren. Oder: Wir haben schnell gelernt. Wenn uns das nicht an die Politik der letzten Jahre erinnert?

Doch die meisten Mitarbeiter*innen spielen trotz besseren Wissens dieses Spiel mit. Entweder weil sie davon ausgehen, dass es ohnehin nichts bringen würde, Kritik zu üben. Oder weil sie bereits aufgegeben haben. Oder weil es zu anstrengend ist. Sie konzentrieren sich auf ihr Alltagsgeschäft und blenden den Rest aus. Der kleine Rest, der Kritik über, gilt als Pessimist und Querulant.

Wie sagt der Kabarett-Comedian Till Reiners so treffend: „Die Wahrheit ist wie ein entfernter Verwandter. Schon nett, muss jetzt aber nicht jeden Tag sein.“

Ginge das nicht anders? Irgendwie würdevoller. Wie wäre es damit:

„Die Fakten sind uns wohl allen weitgehend bekannt. Klar ist auch, dass wir handeln müssen. Denn, wenn wir jetzt nicht handeln, verpassen wir Chancen, den Anschluss an die Konkurrenz, was auch immer. Wir könnten jetzt so tun, als ob wir genau wüssten, was zu tun ist. Das wäre jedoch gelogen. Wir schiffen sicherlich nicht im Trüben. Wir rechnen mit Wahrscheinlichkeiten. Wir sichern uns ab. Wir lassen uns beraten. Und wir bringen eine Menge Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten mit. Dennoch wissen wir nicht zu 100%, ob das, was wir heute tun, genau zu dem führt, was wir uns erhoffen. Es bleibt also immer ein wenig wackelig. Ich würde es mir anders wünschen. Oder auch nicht: Denn dann würden wir in einem Determinismus leben, der das Leben letztlich langweilig macht. Ist es nicht so? Wir heiraten, bekommen Kinder, erlernen einen Beruf und wünschen uns, dass alles so wird, wie wir uns das immer erträumt haben … Und dann kommt es doch anders. Wir merken nach einigen Jahren, dass unser*e Partner*in eigene Wünsche hat, die nicht mehr zu unseren passen, dass unsere Kinder Schulprobleme haben, dass unser Beruf unsere Neigungen weniger trifft, als wir uns das im Studium oder unserer Ausbildung dachten. Was also tun? Würden wir mit dem Wissen in ein paar Jahren heute anders handeln, um vielleicht anders enttäuscht zu werden? Wir hätten dann nicht geheiratet und keine Kinder und wüssten nicht einmal, was wir verpassen. Und wir hätten einen anderen Job, der sich ebenfalls als schwierig herausstellt. Wer die Bremsen an seinem Fahrrad repariert, weiß, was er tun muss, damit es später funktioniert. Komplexe Entscheidungen, insbesondere, wenn sie viele Menschen betreffen, sind immer unsicher. Wir werden nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Dennoch geht es letztlich nicht nur darum, was wir heute entscheiden, sondern auch darum, wie wir uns gemeinsam auf diese Entscheidung einlassen und mit allen Folgen dieser Richtungsentscheidung umgehen, v.a. wenn wir später Anpassungen vornehmen müssen. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinsam einen guten Weg für die Zukunft einschlagen, mit dem wir alle – trotz Unsicherheit – gut leben können.“

Gruppenbildungsprozesse in Zeiten hoher Fluktuation

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Das Problem: Eine hohe Fluktuation verhindert die Teamentwicklung

Traditionelle Teambildungsprozesse gehen davon aus, dass Teams nacheinander bestimmte Phasen ablaufen. Das passt jedoch nicht mehr zu den aktuellen Herausforderungen, die eine hohe Fluktuation mit sich bringt.

Klassische Phasenkonzepte

Klassische Teambildungsprozesse gehen meist von einem Phasenplan aus, der mehr oder weniger stringent ablaufen sollte. Das gängigste Modell stammt von Bruce Tuckman mit den Phasen:

  1. Forming: Die Gruppe kommt zusammen.
  2. Storming: Einzelne in der Gruppe streiten sich um die Vormachtstellung.
  3. Norming: Regeln dämmen die größten Kämpfe ein.
  4. Performing: Die Gruppe ist arbeitsfähig.
  5. Re-Forming: Die Gruppe löst sich auf bzw. wird neu formiert.

Das Problem am Phasenmodell von Tuckman ist jedoch nicht nur der stringente Ansatz, sondern die Maxime, dass Gruppen erst dann arbeitsfähig sind, wenn sie die Stormingphase hinter sich gebracht haben. Ich hatte in meiner Mediations- und Teamentwicklungspraxis tatsächlich Teams, die sich auf einer oberflächlichen Ebene einig waren, jedoch kaum einen Sturm überstanden hätten. Doch solange alles in geregelten Bahnen ablief, waren sie durchaus arbeitsfähig. Damit verändern sich jedoch die Phasen in der Praxis:

  1. Forming: Die Gruppe kommt zusammen.
  2. Norming: Regeln dämmen die größten Kämpfe ein, bspw. mit Hilfe meines 4R-Konzepts, siehe unten.
  3. Performing: Die Gruppe ist arbeitsfähig.
  4. Storming: In Krisenzeiten kann es sinnvoll sein, die Stormingphase nachzuholen.
  5. Re-Forming: Es kann aber auch sein, dass die Gruppe sich zuvor bereits auflöste. Derzeit besteht insbesondere bei jüngeren Menschen ohnehin die Tendenz, sich bei aufkommenden Problemen umzuorientieren, v.a. weil der Markt aufgrund des Personalmangels einen Wechsel erleichtert.

Das weniger bekannte Konzept von Helga Belz kommt dem entgegen und präsentiert entsprechend einen individuelleren Ansatz:

  1. Orientierungsphase: Die Gruppe lernt sich kennen: Wer sind die anderen?
  2. Motivationsphase: Der persönliche Bezug jedes einzelnen Mitglieds wird hergestellt: Warum bin ich hier?
  3. Initiativphase: Das persönliche Engagement steht im Vordergrund: Was will ich hier erreichen?
  4. Konfrontationsphase: Die Gruppe wird mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Anliegen und Zielen konfrontiert: Widersprechen sich die jeweiligen Anliegen?
  5. Kooperationsphase: Die Gruppe realisiert, dass sie nur gemeinsam weiterkommt: Was müssen wir tun, damit wir gemeinsam arbeitsfähig sind?

Auch wenn hier die Kooperation ähnlich wie bei Tucker nach der Konfrontation stattfindet, wird zumindest das Individuum stärker betont.

Die Lösung: Team versus Arbeitsgruppe

Die Lösung des Problems der Teambildung besteht in einer klaren Abgrenzung zwischen Team und Arbeitsgruppe. Ein Team, bspw. ein Projektteam, ist abhängiger voneinander als eine Arbeitsgruppe. Ein Team arbeitet nicht nur fachlich zusammen, sondern braucht für gemeinsame kreative Prozesse das gegenseitige Vertrauen, offen und ehrlich mit Feedback umzugehen. Hier ist es unerlässlich, die Storming- oder Konfrontationsphase durchzumachen.

Für reine Arbeitsgruppen jedoch reichen drei Phasen der Zusammenarbeit aus:

  1. Motivationsphase: Was trägst du persönlich zum Unternehmenserfolg bei? Welche fachlichen Kompetenzen bringst du dafür mit? Welche Weiterbildungen strebst du an?
  2. Austauschphase: Was fehlt dir an Kompetenzen? Was erwartest du von anderen, um deine Fähigkeiten zu ergänzen?
  3. Kooperationsphase: Welche Richtlinien, Regeln, Rituale und Rollen (4R) helfen uns, um reibungsfrei zusammen zu arbeiten?

Das 4R-System: Richtlinien, Regeln, Rituale und Rollen

Gerade in einer hybriden Zusammenarbeit braucht die Zusammenarbeit eine klare Struktur. Mögliche Rollen in Meetings können sein:

Hilfreiche Richtlinien in der digitalen Welt:

  • Ergebnisse sind wichtiger als Wege.
  • Chatten zur Bindung ist erwünscht.
  • Rückrufe sollten innerhalb … stattfinden.
  • Onlinemeetings sollten max … Minuten dauern.
  • Sachliche Themen lassen sich effizient in Onlinemeetings besprechen. Für emotionale Themen braucht es Präsenzbesprechungen.
  • Die Einarbeitungszeit findet weitgehend in Präsenz statt.
  • Die Kamera sind in Onlinemeetings an. Ausnahme: Datenschutz

Hilfreiche Regeln in der digitalen Welt:

  • Vor jeder Entscheidung stelle ich mir die Frage, wer davon betroffen ist.
  • Unsere verbindliche Kernzeiten & Erreichbarkeiten lauten: …
  • Ich schalte das Telefon um, wenn ich im Homeoffice bin.
  • Missverständnisse werden frühzeitig in Präsenz oder per Telefon geklärt.
  • Wer krank ist, arbeitet auch nicht im Homeoffice.
  • Aufgabenbewältigung geht vor Homeoffice.
  • Nach 20 Uhr werden keine eMails mehr verschickt bzw. bearbeitet.
  • Wochenende ist Wochenende.

Hilfreiche Rituale in der digitalen Welt:

  • Regelmäßige Feedbackgespräche (Debriefings) zwischen Teamleitung und Mitarbeiter*innen zur Kontaktpflege
  • Monatliche verpflichtende Aktionstage
  • Regelmäßige (freiwillige) Teamevents
  • Regelmäßige Präsenzbesprechungen

Das Fazit

Viele Trainer- und Teamentwickler*innen hängen aus meiner Sicht noch der „reinen Lehre“ der Phasenmodelle an. Die aktuelle Entwicklung einer hohen Fluktuation macht solche Phasen jedoch beinahe unmöglich. Hinzu kommt die Zusammenarbeit in einer hybriden Welt. Deshalb braucht es heutzutage andere Konzepte und die Akzeptanz, dass viele vermeintliche Teams nicht unbedingt eine Stormingphase brauchen, um gut zusammenzuarbeiten.

Unabdingbar sind jedoch:

1. Motivation: Das persönliche Bekenntnis, Engagement zu zeigen und seine Ziele transparent zu machen bzw. sich offen zu den Unternehmens- bzw. Gruppenzielen zu bekennen, bereitet den späteren Austausch vor.

2. Austausch: Ein sachlicher und fachlicher Austausch über die eigenen Ziele und Kompetenzen schafft Vertrauen. Der Austausch darüber, welche Kompetenzen andere Kolleg*innen mitbringen und inwiefern dies die Zusammenarbeitenden insgesamt ergänzt, um gemeinsame Ziele zu erreichen, zeigt den Respekt voreinander und erhöht zusätzlich das Vertrauen zueinander. Die Maxime lautet: Ein modernes Wissensmanagement orientiert sich an fachlichen Kompetenzen und ist unabhängig von Sympathie.

3. Struktur: In einer Welt, in der Bindung immer schwieriger herzustellen ist, braucht es klare Strukturen aus Richtlinien, Regeln, Ritualen und Rollen, auf die sich alle in der Gruppe einigen und verlassen können.

Anlage: Ein Gruppenbildungsprozess in Zeiten hoher Fluktuation mit detaillierten Fragen