Wir haben die Wahl

Wenn Angela Merkel von alternativlosen Entscheidungen spricht, entzieht sie sich einer Diskussion über Wahlmöglichkeiten und deren Sinnhaftigkeit. Damit bleibt sie der Linie der CDU als Partei für Sicherheit und Gesetze treu. Die Nachricht an den Bürger lautet: Wir machen das. Lehn dich zurück und kümmere dich um deine eigenen Sachen. Aus dem „ora et labora“, immerhin schimpft sich die CDU eine christliche Partei, dem „bete und arbeite“, wurde ein „konsumiere und arbeite“. Interessanterweise sagte sie, als sie das zweite Fernsehduell ablehnte:“Ein zweites Duell ist nicht nötig. Es werden keine Personen, sondern Funktionen gewählt. Und jetzt ist auch wieder Zeit für andere Programme im Fernsehen.“ Es geht also nicht um Menschen, sondern um entpersonifizierte Regeln und Gesetze, die die Menschen entlasten. Und es geht ums Fernsehen. Kümmert euch um euch selbst. Wir machen den Rest. Immerhin liegt sie damit am Puls der Zeit.

Wenn Martin Schulz sich als Kümmerer verkauft, klingt dies nach Kampf und Arbeit. Damit steht Schulz in der Tradition Luthers, der sagte: Hier stehe ich und kann nicht anders. Luther bezog sich nicht auf äußere Gesetzmäßigkeiten, sondern auf einen inneren Moralbegriff. Die Entwicklung einer inneren Moral ist jedoch in unserer Zeit nicht gerade in. Wir sind viel zu beschäftigt mit konsumieren und arbeiten. Wo bleibt da noch Zeit, sich eine Meinung zu bilden. Deshalb wird Martin Schulz am Sonntag verlieren.

Die wahre Kümmerin ist Angela Merkel. Wenn Mutti was anpackt, müssen wir uns um nichts mehr kümmern. Bahn frei für Konsum, Fernsehen, Fußball und Smartphonegedaddel. Wir haben die Wahl.

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